Im Vorfeld wollen wir ein paar Worte zu „uns“ sagen, also dem engeren Orga-Kreis rund ums queerfeMS 2017. Wir denken, dass es für Menschen sehr wichtig sein kann, etwas über unsere Erfahrungen und Positionierungen zu wissen, bevor sie sich entscheiden, am queerfeMS teilzunehmen. Wir haben versucht, an viele verschiedene Aspekte zu denken. Wir sind uns bewusst, dass diese Beschreibung nicht vollständig ist, vielleicht niemals vollständig sein kann. Wenn du noch etwas über oder von uns wissen willst, dann schreib uns gern. Grundsätzlich sind wir dankbar über jede Kritik und Anmerkung! Sowohl innerhalb der Orga-Gruppe als auch auf dem queerfeMS ist uns eine sowohl kritische als auch fehlerfreundliche Atmosphäre wichtig.
Außerdem haben wir als Orga-Gruppe auch jede Menge Unterstützung von Freund_innen und solidarischen Menschen aus unserem Umfeld. Auch deren Perspektiven und Erfahrungen fließen mit in die Vorbereitungen des queerfeMS ein, auch wenn sie an dieser Stelle nicht explizit genannt sind. Danke an euch!
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In unserer Gruppe sind viele Positionen vertreten, die gesamtgesellschaftlich Vorteile und Privilegien haben. Beispielsweise besteht unsere Gruppe aus weißen Menschen, die alle Zugang zu akademischer Bildung haben oder hatten. Wir haben Pässe, mit denen wir ohne Angst vor Abschiebungen in Deutschland leben und weltweit reisen können. Wir werden nicht ausgeschlossen oder nicht ernst genommen, weil wir jünger oder älter sind als andere Menschen, sind also nicht von „Adultismus“ oder „Ageismus“ negativ betroffen. Wir sind nicht negativ von Gadje-Rassimus betroffen. Wir machen auch keine negativen Diskriminierungserfahrungen durch antimuslimischem Rassismus. Viele von uns haben einen christlichen Background und/oder sind atheistisch oder agnostisch. In unserer Orga-Gruppe sind Menschen, die keine Abwertungs- und Ausschlusserfahrungen durch Klassismus machen. Manche Menschen beschreiben sich als cis, identifizieren sich also mit dem Geschlecht, welches ihnen bei Geburt zugewiesen wurde. Wir sind nicht negativ von „trans Misogynie“ betroffen, also der Diskriminierung von trans Weiblichkeiten. Außerdem machen viele Menschen nicht die Erfahrung, durch die Gesellschaft und/oder das direkte Umfeld beHindert und/oder verRückt werden. Manche von uns positionieren sich als heterosexuell oder wahrscheinlich heterosexuell, wodurch sie die gesellschaftliche Heteronormativität zum Teil weniger stark zu spüren bekommen.
In unserem Alltag und auch während der Vorbereitung des queerfeMS versuchen wir, unsere Vorteile und Privilegien zu reflektieren und einen bewusste(re)n Umgang damit zu bekommen. Uns hier zu positionieren ist für manche von uns ein Instrument (von vielen), um gesellschaftliche Kategorien und die damit verbundenen Herrschaftsstrukturen sichtbar zu machen.
In unserer Gruppe sind auch Positionen vertreten, die in bestimmten Aspekten gesellschaftliche Diskriminierung erfahren, ausgeschlossen und abgewertet werden. So definieren sich manche von uns als trans, nicht-binär und/oder agender oder hinterfragen ihre Geschlechtsidentität. Wir alle sind negativ von Sexismus und patriarchalen Strukturen betroffen. Es gibt Menschen, die von Klassimus negativ betroffen sind. Es gibt Personen mit jüdischem Background. Außerdem gibt es Personen, die chronische Krankheiten und/oder körperliche Einschränkungen haben oder die sich als neurodivers beschreiben. Einige positionieren sich als queer oder queer-liebend, und/oder pansexuell oder lesbisch, sind dadurch zum Teil besonders stark von Heteronormativität betroffen. Menschen von uns, die nicht-monogam oder polyamor lieben und/oder beziehungsanarchistisch leben, machen ebenfalls Diskriminierungserfahrungen.
Wir wünschen uns vom queerfeMS Empowerment, gegenseitige Unterstützung und Mut machen für alle Positionen, die viel zu oft nicht berücksichtigt werden! Wir möchten voneinander und miteinander lernen, wie wir unsere Kämpfe solidarisch verbinden können. Wir wünschen uns, dass wir und alle anderen Teilnehmer_innen des queerfeMS sensibel und aware sind für hierarchische Machtstrukturen und Mehrdiskriminierungserfahrungen.
„There is no hierarchy of oppression“ (Audre Lorde)
„Empowerment darf nie Diskriminierung für andere bedeuten!“ (FaulenzA)
Anmerkungen zur Schreibweise:
- Der Begriff „weiß“ ist „eine analytische Kategorisierung einer durch Rassismus privilegierten Positionierung und keine positive Identitätsbenennung“ (w_orten & meer). In Anlehnung an das Buch „Mythen, Masken und Subjekte: kritische Weißseinsforschung in Deutschland“ von Maisha Eggers, Grada Kilomba, Peggy Piesche und Susan Arndt schreiben wir das Wort kursiv, um auf seine Konstruiertheit hinzuweisen. Im Gegensatz zu dem Begriff „Schwarz“ ist der Begriff „keine politische Selbstbezeichnung aus einer Widerstandssituation heraus“ (Noah Sow: Deutschland Schwarz Weiß), weswegen wir den Begriff klein schreiben.
- Von Lahya und Elia_h, Herausgeber_innen des Projektes „beHindert und verRückt schreiben_gebärden_zeichnen“ (https://buchbuv.wordpress.com/) haben wir die Schreibweise „verRückt und beHindert werden“ übernommen.